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Edition Timpert

Volatil – Zustand des Stetigen im Wandel

Volatilität ist ein Zustand des Stetigen im Wandel, der Instabilität und der Möglichkeit plötzlicher Veränderung. Diese Eigenschaften spiegeln sich sowohl in den technischen Entscheidungen als auch in der ästhetischen Wirkung der Werke wider. Die ausdrucksstarken Linien, die sich wie zufällig über die Leinwand zu bewegen scheinen, suggerieren eine Spontaneität, die jedoch in einem fein abgestimmten Spannungsfeld mit der sorgfältigen Komposition der Gesamtstruktur steht.

Die Farbschichten, die oft einen vibrierenden Hintergrund bilden, wirken wie eine pulsierende Energiequelle, aus der die Linien ihre Kraft beziehen. Barbara Niesen nutzt die Farbe nicht nur als visuelles Mittel, sondern auch als Träger von Emotionen und Bewegung. Intensive Rot-, Gelb- und Blautöne kontrastieren mit den neutraleren Schwarz- und Weißtönen, wodurch eine ständige visuelle Spannung entsteht.

Ein wiederkehrendes Motiv in "Volatil" sind spiralförmige oder wellenartige Linien, die den Eindruck von Rotation und Schwingung vermitteln. Diese Formen erinnern an natürliche Prozesse wie Windbewegungen oder Wasserströme, aber auch an abstrakte Konzepte wie Energieflüsse, Kursverläufe von Aktien und Zyklen. Die Werke erzeugen so einen Dialog zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen, dem Zufälligen und dem Geplanten.

Ein bemerkenswerter Aspekt dieser Werkgruppe ist die physische Textur der Arbeiten. Die pastosen Farbschichten erzeugen eine Dreidimensionalität, die den Werken eine skulpturale Qualität verleiht. Das Spiel mit Licht und Schatten auf der reliefartigen Oberfläche verstärkt den Eindruck von Tiefe und Bewegung. Die Werke laden den Betrachter ein, nicht nur mit den Augen, sondern auch mit dem Tastsinn zu erleben, wie die Farbe den Raum erweitert.

Konzeptionell scheint "Volatil" eine Reflexion über die menschliche Erfahrung in einer sich schnell verändernden Welt zu sein. Die Spannung zwischen Kontrolle und Kontrollverlust, zwischen Ordnung und Chaos, spiegelt sich in der Malweise wider. Es gibt Momente der Ruhe und Klarheit, doch ebenso gibt es Passagen, die von scheinbar zufälligen, impulsiven Gesten durchzogen sind. In diesem Spannungsfeld finden die Werke eine Balance, die nie starr, sondern immer in Bewegung ist.

Barbara Niesens "Volatil" ist eine kraftvolle Serie, die visuelle und emotionale Resonanzen gleichermaßen hervorruft. Sie fordert den Betrachter heraus, sich auf die Instabilität des Moments einzulassen und darin die Ästhetik des Unvorhersehbaren zu erkennen. Die Werkgruppe zeigt, wie Kunst nicht nur das Sichtbare darstellt, sondern auch das Spürbare und das Vorstellbare einfangen kann.

Mit "Volatil" gelingt es der Künstlerin, den flüchtigen Charakter des Lebens einzufangen und ihn in eine Form zu übersetzen, die zugleich fest und vergänglich erscheint. Es ist eine Einladung, den Augenblick zu feiern, auch wenn (oder gerade weil) er ständig im Begriff ist, sich zu verändern.